Haft- und Geldstrafe bestätigt

Diese Urgent Action ist beendet.

Der jordanische Journalist Tayseer al-Najjar ist am 12. Februar in Abu Dhabi aus dem Gefängnis entlassen worden und durfte nach Jordanien zurückkehren. Er war am 13. Dezember 2015 in den Vereinigten Arabischen Emiraten festgenommen und wegen eines Facebook-Posts zu drei Jahren Haft und einer Geldstrafe verurteilt worden. Der gewaltlose politische Gefangene hätte am 13. Dezember 2018 freigelassen werden sollen, doch seine Haft wurde verlängert, da seine Familie die verhängte Geldstrafe nicht bezahlen konnte.

Abu Dhabi, Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate

Abu Dhabi, Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate

Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Arabischen Emirate hat das Urteil gegen den Dichter und Journalisten Tayseer al-Najjar aufrechterhalten. Er verbüßt eine dreijährige Haftstrafe in Abu Dhabi wegen eines Facebook-Posts. Tayseer al-Najjar ist ein gewaltloser politischer Gefangener.

Appell an

Vizepräsident und Ministerpräsident

HH Sheikh Mohammed bin Rashid al-Maktoum

Prime Minister’s Office

P.O. Box: 212000, Dubai

VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE


Fax:
(00 971) 4 330 4044

Sende eine Kopie an

Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate

S.E. Herr Ali Abdulla Mohamed Saeed Alahmed

Hiroshimastraße 18-20


10785 Berlin

Fax: 030-5165 1900

Amnesty fordert:

  • Ich bitte Sie, Tayseer al-Najjars Urteil aufzuheben und ihn sofort und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der sich nur aufgrund der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung in Haft befindet.
  • Bitte führen Sie eine unabhängige und zielführende Untersuchung zu den von ihm erhobenen Vorwürfen wegen Folter und anderweitiger Misshandlung durch.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Tayseer al-Najjar bis zu seiner Freilassung vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und umgehend Zugang zu jeglicher erforderlichen medizinischen Betreuung erhält.

Sachlage

Am 19. Juni hat der Oberste Gerichtshof in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) das Urteil und das Strafmaß des jordanischen Dichters und Journalisten Tayseer al-Najjar aufrechterhalten. Er war am 13. Dezember 2015 festgenommen und ursprünglich am 15. März von der Strafkammer des Bundesberufungsgerichts in Abu Dhabi zu drei Jahren Haft und einer Geldstrafe von 500.000 VAE Dirham (etwa 120.000 Euro) verurteilt worden. Tayseer al-Najjar wurde wegen "Veröffentlichung von Informationen" in seinem Facebook-Account im Jahr 2014 "mit dem Ziel, den Ruf und das Prestige des Emiratstaats zu schädigen" angeklagt. In diesem Kommentar lobte er den palästinensischen "Widerstand" in Gaza und kritisierte Länder, darunter auch die VAE. Tayseer al-Najjar streitet eine "Beleidigung" der VAE ab. Er befindet sich im al‑Wathba‑Gefängnis in Abu Dhabi und ist ein gewaltloser politischer Gefangener.

Nachdem man ihn zuvor telefonisch vorgeladen hatte, wurde Tayseer al-Najjar am 13. Dezember in der Dienststelle der Sicherheitsbehörde in Abu Dhabi festgenommen. Am 3. Dezember 2015 war Tayseer al‑Najjar am Flughafen in Abu Dhabi, um zu seiner Familie nach Jordanien reisen. Die Behörden erklärten ihm dort, dass er die Vereinigten Arabischen Emirate nicht verlassen dürfe. Am 18. Februar 2016, nachdem er 68 Tage ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert war, rief er seine Familie an und teilte ihnen mit, dass man ihn bei der Staatssicherheitsbehörde in Einzelhaft festhalte und ihn "stark unter Druck setze" damit er "gestehe". Amnesty International befürchtet, dass er gefoltert wurde. Etwa zehn Tage später rief er seine Frau ein weiteres Mal an und sagte ihr, dass man ihn in das al-Wathba-Gefängnis in Abu Dhabi gebracht habe. Tayseer al-Najjar hatte bis zum 18. Januar 2017 keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. An diesem Tag wurde er vor das Bundesberufungsgericht gebracht, um offiziell angeklagt zu werden. Es war das erste Mal seit seiner Festnahme ein Jahr zuvor, dass er vor ein Gericht kam. Die Anhörung wurde auf den 1. Februar verschoben, damit er von einem Rechtsbeistand vertreten werden konnte. Darauf folgte eine weitere Anhörung am 15. Februar, bei der das Gericht die Verkündung des Urteils für den 15. März ansetzte.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Tayseer al-Najjar ist verheiratet und hat fünf kleine Kinder, die zusammen mit seiner Frau in Jordanien leben. Im April 2015 zog er in die Vereinigten Arabischen Emirate, wo er eine Stelle bei Al-Jewa, einem großen Verlag, antrat. Er sollte für den Kulturteil der Wochenzeitung al-Dar, die im Januar 2016 zum ersten Mal erschien, schreiben.

Während des Gaza-Konflikts im Juli 2014 schrieb Tayseer al-Najjar in einem Beitrag auf Facebook: "An einige Journalisten und Schriftsteller, die den Widerstand im Gaza-Streifen nicht gutheißen … Es können in einem Fall nicht beide Seiten Recht haben, aber der Widerstand im Gaza-Streifen ist richtig und alle anderen liegen falsch, so wie Israel, die VAE, al-Sisi [der Präsident von Ägypten] und andere Regierungen, die sich nicht länger vor der Schande selbst schämen."

Am 3. Dezember 2015 war Tayseer al-Najjar am Flughafen in Abu Dhabi, als die Behörden ihm erklärten, dass er die Vereinigten Arabischen Emirate nicht verlassen dürfe. Sie wiesen ihn an, sich täglich bei den Sicherheitsbehörden zu melden. Am Morgen des 13. Dezember wurde er telefonisch angewiesen, bei der Sicherheitsbehörde zu erscheinen. Kurz bevor er gegen 19 Uhr das Gebäude betrat, telefonierte er mit seiner Frau in Jordanien. Anschließend wurde er festgenommen. Die Familie von Tayseer al-Najjar erfuhr erst von seinem Verbleib und den Gründen für seine Festnahme, als er sie am 18. Februar 2016 anrufen durfte.

Seit 2011 gehen die Behörden der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) auf beispiellose Art und Weise gegen freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit im Land vor. Der Raum für Kritik ist deutlich kleiner geworden. Viele Staatsbürger_innen der VAE und anderer Länder, die Kritik an der Regierung der VAE, der Politik oder der Menschenrechtslage üben, werden Opfer von Drangsalierungen, Festnahmen, Folter, unfairen Gerichtsverfahren und Gefängnisstrafen. Die Behörden haben mehr als 100 Aktivist_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen und Regierungskritiker_innen festgenommen, inhaftiert und auf Grundlage weit gefasster und pauschaler Anklagepunkte, die die nationale Sicherheit oder Internetkriminalität betreffen und in Gerichtsverfahren, die nicht den Standards für ein faires Verfahren entsprechen, unter Anklage gestellt. Betroffen sind unter anderem bekannte Anwält_innen, Richter_innen und Wissenschaftler_innen. Einige Personen, die Opfer des Verschwindenlassens geworden waren, gaben später an, dass man sie gefoltert und anderweitig misshandelt habe. Unter anderem sollen sie während ihrer Verhöre, bei denen keine Rechtsbeistände anwesend waren, gezwungen worden sein, "Geständnisse" abzulegen. Die Staatssicherheitskammer des Obersten Gerichtshofs lässt solche "Geständnisse" häufig als Beweismittel zu und nutzt sie selbst dann zur Verurteilung der Angeklagten, wenn diese sie später zurückgezogen haben. Die Verwendung solcher "Beweise" vor Gericht verstößt gegen internationale Menschenrechtsnormen.

Am 29. November 2016 trat das Bundesgesetz 11/2016 in Kraft. Mit diesem Gesetz führte die Bundesjustizbehörde ein Rechtsmittelverfahren für alle Fälle mit Bezug zur staatlichen Sicherheit ein. Verfahren vor der Kammer für Staatssicherheit des Obersten Gerichtshofs entsprechen nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren. Beispielsweise werden verdächtigte Personen meist über längere Zeiträume ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert und währenddessen gefoltert oder anderweitig misshandelt. Am 20. Dezember 2016 hat Amnesty International dem Justizminister der VAE geschrieben und das neue Gesetz begrüßt, aber auch die Sorge geäußert, dass die Einführung eines Rechtsmittelverfahrens das Problem unfairer Gerichtsverfahren nicht löst, wenn es nicht von Änderungen in der Strafprozessordnung bezüglich Festnahme, Haft und Gerichtsverfahren begleitet wird.