LGBTI entführt und getötet

Diese Urgent Action ist beendet.

Laut eines Berichts, den die NGO Russisches LGBT-Netz im Juli veröffentlichte, hält die Verfolgung von Schwulen in Tschetschenien weiter an. Die tschetschenischen Behörden behaupten nach wie vor, es gebe dort keine Schwulen.

Gruppe hält Banner mit Aufschrift "Respect diversity"

Männer, von denen angenommen wird, dass sie homosexuell sind, werden in Tschetschenien in jüngster Zeit im Rahmen einer koordinierten Kampagne entführt, gefoltert und sogar umgebracht.

Appell an

LEITER DER ERMITTLUNGSBEHÖRDE Aleksandr Ivanovich Bastrykin Investigation Committee of the Russian Federation Tekhnicheskii pereulok, dom 2 105005 Moscow RUSSISCHE FÖDERATION (Anrede: Dear Chairman / Sehr geehrter Herr Vorsitzender) Fax: (00 7) 495 966 97 76 Online submissions (in Russian): http://sledcom.ru/references/Organizacija_priema_grazhdan#reception

LEITER DER ERMITTLUNGSBEHÖRDE IN TSCHETSCHENIEN Sergei Vasilievich Sokolov Ul. Altaiskaya d.3 Grozny 364000 Chechen Republic RUSSISCHE FÖDERATION (Anrede: Dear Acting Head / Sehr geehrter amtierender Leiter der Untersuchungskommission) Fax: (00 7) 8712 62 41 01 Email: ip-chechen@sledcom.ru Online submissions: http://chr.sledcom.ru/references

Sende eine Kopie an

OMBUDSFRAU FÜR MENSCHENRECHTE DER RUSSISCHEN FÖDERATION Tatiana Nikolaevna Moskalkova ul. Miasnitskaia, 47 107084 Moscow RUSSISCHE FÖDERATION Fax: (007) 495 607-7470 / -3977

 

BOTSCHAFT DER RUSSICHEN FÖDERATION S. E. Herrn Vladimir M. Grinin Unter den Linden 63-65 10117 Berlin Fax: 030-2299 397 E-Mail: info@russische-botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Usbekisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 16. Mai 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, FAXE ODER E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte führen Sie umgehend eine zielführende und umfassende Untersuchung der Berichte über die Entführung und Tötung von vermeintlich homosexuellen Männern in Tschetschenien durch und gewährleisten Sie, dass alle Täter_innen und Kompliz_innen solcher Verbrechen in Übereinstimmung mit den Gesetzen der Russischen Föderation vor Gericht gestellt werden.

  • Ergreifen Sie bitte alle notwendigen Maßnahmen, um die Sicherheit jedes Einzelnen zu gewährleisten, der in Tschetschenien aufgrund der sexuellen Orientierung in Gefahr sein könnte und verurteilen Sie mit sehr klaren Worten zweifelsfrei jeden diskriminierenden Kommentar von Regierungsvertreter_innen.

  • Ich möchte die russischen und tschetschenischen Behörden daran erinnern, dass sie eine internationale menschenrechtliche Verpflichtung haben, Diskriminierung zu untersagen und Hassverbrechen – die extremste Form der Diskriminierung – zu untersuchen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging them to carry out prompt, effective and thorough investigations into the reports of abductions and killings of men believed to be gay in Chechnya and to ensure that anyone found guilty or complicit in such crimes will be brought to justice in accordance with the laws of the Russian Federation.

  • To take all necessary steps to ensure safety of any individual who may be at risk in Chechnya because of their sexual orientation and to condemn in the strongest terms possible any discriminatory comments made by officials.

  • Reminding the Russian and Chechen authorities that they have an international human rights obligation to prohibit discrimination and to investigate and prosecute hate crimes, the most invidious form of discrimination.

Sachlage

Am 1. April berichtete die unabhängige russische Tageszeitung Novaya Gazeta, dass über 100 vermeintlich schwule Männer im Rahmen einer koordinierten Kampagne in den vergangenen Tagen entführt worden sind. Die Männer sollen gefoltert und in anderer Weise misshandelt und gezwungen worden sein, andere ihnen bekannte LGBTI preiszugeben. Novaya Gazeta gibt an, bestätigte Informationen über mindestens drei Männer zu haben, die von ihren Entführer_innen getötet wurden, doch ihre Quellen sagen auch, dass es viele weitere Morde gegeben habe.

Berichten zufolge wurden einige der entführten Männer zu ihren Familien zurückgebracht, vermutlich weil ihre sexuelle Orientierung von ihren Entführer_innen nicht bestätigt werden konnte. Sie sind aufgrund der örtlichen Homosexuellenfeindlichkeit jedoch weiterhin in großer Gefahr. Mitglieder der NGO namens Russisches LGBTI-Netzwerk haben diese Informationen bestätigt und eine telefonische Hotline eingerichtet, um denjenigen zu helfen, die sich außerhalb der Region in Sicherheit bringen möchten.

Die Reaktionen der tschetschenischen Behördenvertreter_innen variieren zwischen Leugnung – so zum Beispiel durch Alvi Karimov, dem Pressesprecher des Präsidenten der Republik Tschetschenien –, das Ganze als Witz abtun und weiteren versteckten Drohungen. Am 3. April kündigte der Pressesprecher der russischen Präsidialverwaltung Dimitry Peskov an, dass das Innenministerium "Informationen über die vermeintliche Verfolgung von Männern nicht traditioneller Orientierung prüft".

Hintergrundinformation

Hintergrund

"Morde im Namen der Ehre" werden im Nordkaukasus, insbesondere in Tschetschenien, bis heute verübt. Männer, die angeblich die "Familienehre beschmutzen", weil sie tatsächlich oder vermeintlich schwul sind, laufen Gefahr, von Angehörigen der eigenen Familie getötet zu werden. Wer einen sogenannten "Ehrenmord" verübt, geht häufig straffrei aus. In jüngster Zeit sind eine Reihe von Gewaltvideos im Internet veröffentlicht worden, in denen homosexuelle Aktivist_innen bedroht werden.

Kheda Saratova, Mitglied des Menschenrechtsrates unter dem Präsidenten von Tschetschenien, kommentierte als erste, dass die tschetschenische Gesellschaft und "das ganze Justizsystem" Homosexuellenmörder_innen mit relativem "Verständnis" begegnen würden. Sie erklärte später, dass sie missverstanden worden sei und dass die Enthüllung, dass es in Tschetschenien homosexuelle Männer gebe, sie so schockiert habe, dass sie nicht klar habe denken können.

Die tschetschenischen Behörden, angeführt von Ramzan Kadyrov, kontrollieren praktisch jeden Lebensbereich in dieser nordkaukasischen Republik der Russischen Föderation. Jede abweichende Ansicht wird brutal unterdrückt und Menschenrechtsverteidiger_innen, Medienschaffende und politische Aktivist_innen, darunter auch Menschen von außerhalb Tschetscheniens, ebenso wie in seltenen Fällen Bürger_innen, die irgendeine Kritik an der tschetschenischen Führung und ihrer Politik äußern, sehen sich Drohungen, Drangsalierungen und häufig körperlicher Gewalt gegenüber. Siehe dazu auch den englischsprachigen Artikel: https://www.amnesty.org/en/documents/eur46/3255/2016/en/. Der Ermordung der Journalistin Anna Politkovskaya 2006 und der Entführung und Ermordung der tschetschenischen Menschenrechtsverteidigerin Natalia Estemirova 2009 gingen ähnliche Drohungen voraus.